Focus online, 01.11.2002 Eiskalt kalkulierte Lügen? Irak-Experten vermuten, die USA und London verbreiteten bewusst Falschinformationen, um einen Krieg gegen Saddam zu legitimieren – dessen Vize erging sich unterdessen in Hasstiraden. Die angeblichen Beweise dafür, dass Irak Massenvernichtungswaffen produziere, seien nicht stichhaltig und zweifelsfrei, sagte der Ex-Koordinator des humanitären Hilfsprogramms für Saddam Husseins Staat, Hans von Sponneck, am Freitag in Berlin. In der Hauptstadt findet ein internationaler Irak-Kongress statt. Das Bild einer immanenten Bedrohung durch Irak sei eine Fehldarstellung, betonte von Sponneck. Dadurch werde es der Öffentlichkeit schwer gemacht, sich ein objektives Bild über die Situation zu machen. Er habe erst im Juli die Gelegenheit gehabt, zwei Anlagen zu besichtigen, die von westlichen Geheimdiensten der Produktion biologischer Stoffe bezichtigt worden seien. Bei der Besichtigung habe sich eindeutig gezeigt, dass beide Anlagen noch immer zerstört seien. Von Sponneck warf der US-Regierung Psychokriegsführung vor. Um einen Militärschlag zu verhindern, sollten unverzüglich wieder UN-Waffeninspekteure ins Land gelassen werden. Der ehemalige Chef einer UN-Waffeninspekteureinheit, Scott Ritter, bestätigte, es gebe bis heute keinen eindeutigen Beweis dafür, dass Irak den Bau biologischer, chemischer und nuklearer Waffen wieder aufgenommen habe. „Das sind alles unbewiesene Hypothesen, die umso gefährlicher sind, als sie von Washington als angeblich bewiesene Wahrheiten verbreitet werden.“ USA werden „in die Hölle geschickt“ Die irakische Regierung rief indes den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen auf, sich nicht den Forderungen der USA nach einer härteren Irak-Resolution zu beugen. Washington versuche über wirtschaftlichen und politischen Druck, seinen Willen durchzusetzen, sagte der stellvertretende irakische Präsident Taha Jassin Ramadan. Falls die USA sich für einen Krieg gegen Irak entschieden, würden sie „in die Hölle geschickt“. US-Präsident George W. Bush sei in Wahrheit gar nicht an einer Rückkehr der UN-Waffeninspektoren nach Irak interessiert, sondern warte nur auf ein Alibi zum Angriff, sagte Ramadan. 01.11.02, 15:14 Uhr